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Erfahrungen eines Depressiven - ein Gastbeitrag

Erfahrungen eines Depressiven - ein Gastbeitrag

Ein Gastbeitrag von G. L.

Zu meiner Person kann ich folgende Angaben machen: Ich bin 77 Jahre alt, verheiratet seit 1965, zwei Söhne, vor 27 Jahren schwere Depression.

Als eine der Ursachen für meine Depression sehe ich eine bestimmte genetische Veranlagung, die öfters in meiner Familie aufgetreten ist. Weiter belastend war außerdem die körperliche Behinderung unseres jüngeren Sohnes(Muskeldystrophie). Er verstarb im Alter von 18 Jahren. Schließlich hatte ich einen, zum großen Teil selbst verursachten, Leistungsdruck, der zunächst zum Burn-Out und dann zur depressiven Erkrankung führte. Hier wäre „weniger mehr gewesen“.

Der Auslöser für meine Krankheit war das Ableben unseres Sohnes.

Um meinen schlechten Zustand zu ändern, war ich zwei Jahre in fachärztlicher Behandlung. Sie erfolgte medikamentös und in Form einer Gesprächstherapie. Mein Zustand besserte sich, aber nicht so, wie erwartet. Am Ende dieser zwei Jahre hatte die Ärztin nach eigener Aussage „keine Zeit mehr für mich“, weil ich angeblich nicht kooperativ genug war. Den Auslöser für meine Krankheit hatte sie übrigens nicht erkannt.

Meinen Verbrauch an Psychopharmaka habe ich schrittweise in einem längeren Zeitraum auf Null reduziert. Eine wichtige Hilfe war mir in dieser Zeit eine größere Anzahl von Büchern, hauptsächlich zum Thema Psychologie. Auch in der Selbsthilfe und in SH-Gruppen war ich längere Zeit aktiv. Die Erfahrungen dort waren nicht immer ermutigend, teilweise auch destruktiv für mich zur damaligen Zeit.

Nach 27 Jahren kann ich rückblickend sagen: Auch eine schwere Depression ist kein unüberwindbares Schicksal; dafür bin ich ein kleines Beispiel. Ärzte und Therapeuten haben Mittel und Wege gefunden, Betroffene auch von (scheinbar)aussichtslosen Vorstellungen zu befreien. Natürlich ist auch viel Eigenarbeit notwendig, die uns aber zu vollkommen neuen Erkenntnissen führen kann. Deshalb sehe ich heute jede Krise auch als Chance auf einen Neubeginn. Die Natur gibt uns dafür eine große Anzahl von Möglichkeiten, die wir sinnvoll nutzen können; vor allem diverse Entspannungsverfahren. Ich selbst benutze seit Jahrzehnten das Autogene Training, eine Art der Selbsthypnose, das mir oft, aber nicht immer geholfen hat.

Wenn wir aus der UR-ANGST ein UR-VERTRAUEN machen können, bringt uns das mehr als die bekannte Sechs im Lotto.

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